„I put a spell on You”. Wenn die Angst vor dem Zusammenbruch den Aufbruch verhindert.

Eckehard Pioch

Donnerstag, 1. Mai

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16.30

-

17.45

Uhr |

Saal B + C

Veränderung kann nicht gewagt werden, wenn die Angst vor einem Zusammenbruch unerträglich ist. Hier geht es um einen Zusammenbruch, der in früher Kindheit bereits erfahren wurde (Winnicott), aber mit seinen archaischen Seelenqualen noch nicht symbolisiert werden konnte. Patienten mit dieser Problematik schützen sich vor der gefürchteten Wiederholung unaushaltbarer Zustände durch Ich-Spaltung: Einem vermeintlich realitätsangepassten Anteil, der den Analytiker um Hilfe bittet, steht ein narzisstisch strukturierter Anteil gegenüber, der sich in einer omnipotenten und magischen Erlebniswelt der Ungetrenntheit von Selbst und Objekt aufhält.

Eben weil an diesem seelischen Ort Selbst und Objekt noch nicht voneinander geschieden sind, erscheint es nicht angebracht, hier in allen Fällen eine destruktiv-aggressive Dynamik zu sehen, in der das Objekt „unter Kontrolle“ gebracht werden soll. In: „I put a spell on you“ ist zwar von einem „I“ und einem „You“ die Rede, doch das Entscheidende ist der „spell“, der magische Zauber, mit dem die Verschmelzung von Selbst und Objekt erreicht und aufrechterhalten werden soll.

Die Aufhebung der Ungetrenntheit, das Verlassen des Paradieses (Chassguet-Smirgel), ist mit Gesehenwerden und Erleben von Abhängigkeit verbunden. Gleichzeitig wird Scham und Schuld intensiv erlebt. Diese Patienten benötigen in besonderer Weise einen Analytiker, der zu Holding und Containment in der Lage ist. Denn sie fürchten seinen verurteilenden und/oder verachtenden Blick. Auf der Grundlage einer haltgebenden Beziehung kann der Zusammenbruch in der Übertragung erneut erfahren werden, damit er nun Vergangenheit werden kann – ein Aufbruch in etwas Unbekanntes, der allerdings mit existentieller Angst verbunden ist (Bion).

Anhand von Fallmaterial und einem Blick in einige zeitgenössische Romane möchte ich meine Überlegungen illustrieren.


“I put a spell on you”. When the fear of collapse prevents a new beginning.

Change cannot be dared if the fear of collapse is unbearable. This is about a breakdown that was already experienced in early childhood (Winnicott), but could not yet be symbolized with its archaic mental anguish. Patients with this problem protect themselves from the dreaded repetition of unbearable states by splitting the ego: a supposedly reality-adapted part that asks the analyst for help is confronted by a narcissistically structured part that resides in an omnipotent and magical world of experience of the inseparability of self and object.

Precisely because self and object are not yet separated from each other in this mental place, it does not seem appropriate to see a destructive-aggressive dynamic here in all cases, in which the object is to be brought “under control”. In “I put a spell on you” there is indeed talk of an “I” and a “You”, but the decisive factor is the “spell”, the magical spell with which the fusion of self and object is to be achieved and maintained.

The abolition of inseparability, the leaving of paradise (Chassguet-Smirgel), is associated with being seen and experiencing dependence. At the same time, shame and guilt are experienced intensely. These patients are in particular need of an analyst who is capable of holding and containment. This is because they fear his condemning and/or contemptuous gaze. On the basis of a holding relationship, the breakdown can be re-experienced in the transference so that it can now become the past – a departure into something unknown, which is, however, associated with existential fear (Bion).

I would like to illustrate my thoughts with the help of case material and a look at some contemporary novels.

Eckehard Pioch, Dipl.-Psych., ist Psychoanalytiker in eigener Praxis in Berlin. Er ist Lehranalytiker und Supervisor der DPG, IPV und DGPT. Seit 2023 ist er Vorsitzender der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG). Seine Veröffentlichungen beschäftigen sich u.a. mit Traumtheorie, Neid, Trauma und sexuellem Missbrauch. Er ist Herausgeber der deutschen Ausgabe von Michael Parsons´ Lebendigkeit in der Psychoanalyse (2022) sowie Mitherausgeber von Jenseits der Binarität? Der Genderdiskurs als Herausforderung für die Psychoanalyse (2024) und Zwischen Angst und Hoffnung. Psychoanalyse in Zeiten gesellschaftlicher Krisen (2025).

Kontaktadresse: Zehdenicker Str. 8a, 10119 Berlin.