Ich versuche mich an der Beschreibung eines persönlichen Entwicklungsprozesses, der bis heute andauert und eingebunden ist in die gesellschaftlichen Strömungen der Zeit.
Jeder Analytiker hat implizite und explizite Ziele in einer Analyse, die die eigene Konzeptualisierung von Veränderung bestimmen und wiederum von ihr beeinflusst werden – diese Perspektive bezieht sich auf den Patienten. Eine psychoanalytische Haltung hingegen enthält das, was ein Psychoanalytiker in den Prozess einbringt, was dem Bewusstsein nur teilweise zugänglich ist.
Eine wichtige Rolle für mich spielen die Veränderungen der institutionellen Verfasstheit der Psychoanalyse und ihrer Ausbildung, das Verhältnis zwischen DPG und DPV, der Anschluss an die internationale Psychoanalyse und die vielfältigen postgraduierten Lernerfahrungen.
In den letzten Jahren hatte ich mit den Veränderungen in der EPF und mit denen der IPV zu tun. Aus letzterer kommt ein Thema zurück, dass die deutsche Psychoanalyse seit 100 Jahren begleitet (denken wir an Schultz-Hencke in den 20iger Jahren), nämlich der Wunsch nach Verbreiterung, Anschlussfähigkeit und gesellschaftlicher Akzeptanz. Unter diesem Druck steht auch die heutige Psychoanalyse.
Des Weiteren muss ich feststellen, dass fachliche Veränderungen oft ökonomischen Bedingungen folgten und der eigenen Existenzsicherung dienten. Wegen unserer Einbettung in die Richtlinienpsychotherapie sind wir davon im besonderen Maße betroffen.
Changes in my psychoanalytical thinking over time
I am attempting to describe a personal development process that continues to this day and is integrated into the social currents of the time.
Every analyst has implicit and explicit goals in an analysis, which determine their own conceptualisation of change and are in turn influenced by it – this perspective relates to the patient. A psychoanalytic attitude, on the other hand, contains what a psychoanalyst brings into the process, which is only partially accessible to the conscious mind.
The changes in the institutional constitution of psychoanalysis and its training, the relationship between the DPG and DPV, the connection to international psychoanalysis and the diverse post-graduate learning experiences play an important role for me.
In recent years I have been involved with the changes in the EPF and the IPA. The latter brings back a theme that has accompanied German psychoanalysis for 100 years (think of Schultz-Hencke in the 1920s), namely the desire for broadening, connectivity and social acceptance. Today’s psychoanalysis is also under this pressure.
Furthermore, I have to realise that professional changes often followed economic conditions and served to secure our own existence. Because we are embedded in the psychotherapy guidelines, we are particularly affected by this.
Ingo Focke, Dr. med., Nervenarzt, arbeitet als Psychoanalytiker in Stuttgart. Er war Leiter der damaligen Arbeitsgruppe für international Psychoanalyse in der DPG und Mitglied des Joint Steering Committee von IPA und DPG im Aufnahmeprozess der DPG in die IPA von 2001 bis 2009. Er war von 1997 bis 2001 Vorsitzender des Instituts für Psychoanalyse der DPG in Stuttgart, von 2005 bis 2011 Leiter des Lehranalytikergremiums der DPG, von 2011 bis 2017 Vorsitzender der DPG, von 2019 bis 2023 ‚European Representative‘ im Board der IPV. Er ist Leiter des Sponsoring Committee der IPV für den Aufbau einer psychoanalytischen Gesellschaft in der Ukraine. Mit Bernd Gutmann zusammen federführend Gestaltung der kasuistisch-technischen Konferenzen der DPG, u.a. mit Anne-Marie Sandler, Michael Feldman, Catalina Bronstein, sowie einer eigenständigen jährlichen Konferenz für DPG-Mitglieder in London von 1998 bis 2010.
Veröffentlichungen zur Behandlungstechnik, zum Verhältnis von Übertragung und Widerstand, zur Beendigung von Behandlungen, zum analytischen Prozess, zum Angstaffekt und zur Geschichte der Psychoanalyse.
2019 hat er zusammen mit Bernd Gutmann das Buch „Begegnungen mit Anne-Marie Sandler – Praxis und Theorie ihrer Behandlungstechnik“ veröffentlicht.