In Joseph Conrads Erzählung „Herz der Finsternis“, die als Anklage gegen den Kolonialismus mit seiner mörderischen Ausbeutung, seinen rassifizierenden Hierarchien und seiner entmenschlichenden Darstellung der nichteuropäischen Völker gelesen werden kann, fordert Kurtz, der extrem brutale Leiter einer Handelsstation am Oberlauf des Kongo, der den Eingeborenen enorme Mengen Elfenbein abpresst: „Rottet die Bestien aus!“
Spaltungen und Projektionen insbesondere der eigenen Gier und Aggression dämonisieren den Anderen, korrumpieren und pervertieren das Über-Ich und lassen so die Vernichtung des entmenschlichten Anderen als moralisch geboten erscheinen. Doch die projizierte Feindseligkeit führt zu einer bedrohlichen Objektwelt, die massive Angst auslöst, gegen die Omnipotenzvorstellungen entwickelt werden müssen, welche dann noch umfassendere Vernichtungsimpulse auslösen. Teufelskreise entstehen.
Dieses Muster wird anhand verschiedener historischer und aktueller Situationen diskutiert und mit Fallvignetten verbunden.
Eine Alternative zu diesem Muster setzt die seelische Fähigkeit voraus, das grundlegende Angewiesen Sein auf andere Menschen – und auf die Biosphäre, in der wir leben – zu tolerieren. Dies erfordert eine innere Objektwelt, in der es ein vertrauenswürdiges, genügend gutes, inneres Objekt gibt, das diese Abhängigkeit nicht ausnutzt und dem gegenüber Dankbarkeit empfunden werden kann. Ein Patient formuliert treffend: „Man müsste an so was wie Liebe glauben!“
Eckehard Pioch, Dipl.-Psych., ist Psychoanalytiker in eigener Praxis in Berlin. Er ist Lehranalytiker und Supervisor der DPG, IPV und DGPT. Seit 2023 ist er Vorsitzender der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG). Seine Veröffentlichungen beschäftigen sich mit Traumtheorie, Neid, Trauma und sexuellem Missbrauch. Er ist Herausgeber der deutschen Ausgabe von Michael Parsons´ Lebendigkeit in der Psychoanalyse (2022).