In der Literatur über Trauma wird viel über das Leiden von Kriegsopfern berichtet. Es fehlt jedoch an klinischen Beschreibungen der spezifischen Herausforderungen, die kampfbedingte Traumata mit sich bringen – insbesondere im Hinblick auf die Angst vor Veränderungen und die damit verbundenen Abwehrmechanismen. In diesem Vortrag werde ich dissoziative Phänomene bei Patienten vorstellen, die an Kampfhandlungen beteiligt waren und einen unerträglichen inneren Konflikt „zwischen dem alten friedlichen und dem neuen kriegerischen Ich“ (Freud, 1919) erlebten.
Die Fallbeispiele zeigen, wie diese Patienten, um einen unerträglichen Konflikt zu vermeiden, einen dissoziativen Zustand des Selbst geschaffen haben, in dem die Erfahrung von Hilflosigkeit, Regellosigkeit und Bedrohung, die sie im Krieg erlebt haben, in einen Zustand der Omnipotenz transformiert wird, in dem der unmögliche Konflikt vermieden werden kann. Dieser Zustand erfüllt eine paradoxe Funktion: Einerseits ermöglicht er die Aufrechterhaltung der Omnipotenz, andererseits dient er als Schutz vor einer Veränderung, die als existentielle Bedrohung erlebt wird. In der analytischen Arbeit wird deutlich, dass der Weg aus diesem inneren Bunker mit einem großen Risiko verbunden ist – der Konfrontation mit der eigenen Verletzlichkeit und den unerträglichen Aspekten des Ich-Konflikts.
Die klinischen Beispiele beleuchten, wie sich dieser Konflikt in der Übertragung durch sadistische Impulse manifestiert und wie die dissoziativen Strukturen sowohl ein Hindernis als auch eine notwendige Schutzfunktion darstellen. Die zentrale Frage lautet: Wie kann die analytische Arbeit die Erstarrung im Zustand der vermeintlichen Sicherheit aufbrechen und Veränderung ermöglichen?
When analysis becomes a bunker, and change is feared like a missile
In the literature on trauma there is a great deal about the suffering of war victims. There is, however, a lack of clinical descriptions of the specific challenges that combat-related trauma brings – particularly with regards to fear of change and the associated defences. In this lecture, I will present dissociative phenomena in patients who were involved in combat and experienced an unbearable inner conflict „between the old ego of peace time and the new war-ego“ (Freud, 1919).
The case examples show how the war patients in the examples created a dissociative state of the self in which the experience of helplessness, lack of rules and threat that they experienced in war is transformed into a state of omnipotence in order to avoid an unbearable conflict. This state fulfils a paradoxical function. On the one hand, it enables the preservation of omnipotence, on the other hand it serves as protection against a change which is experienced as an existential threat. In the analytical work it becomes clear that the path out of this inner bunker is associated with a great risk: the confrontation with one’s own vulnerability and the unbearable aspects of the ego conflict.
The clinical examples illustrate the expression of the ego conflict and the dissociative state in the transference through sadistic impulses; they also demonstrate this emotional solution to be both restrictive and sheltering. The central question I will be posing is: How can the analytical work break the rigidity of supposed security in this state and enable change?

Sarit Kreutzer, Psychoanalytikerin, Lehranalytikerin und Supervisorin (DPG, IPV und DGPT, Gastmitglied der British Psycho-Analytical Society), studierte klinische Psychologie und Englische Literatur, arbeitete bis 2013 als Psychologin der geschlossenen Stationen und des Zentrums für amerikanische Soldaten im Klinikum am Michelsberg in Bamberg, ab 2015 in eigener Praxis in Baiersdorf, und beschäftigt sich mit Traumata in der klinischen Arbeit und ihrem Schreiben.
Ihre Kurzgeschichte ‚Holes‘ („Schwarzes Loch“) erschien in IPA’s Band The Analyst as Storyteller. Ihre Veröffentlichungen erscheinen in Israel, Deutschland und USA.